Denkmalgerechte Instandsetzung Gartenanlage Haus am Waldsee

Stadt & Grün 10/2023, S. 13-17

Ein Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst in Berlin Zehlendorf.

Das Grundstück Haus am Waldsee mit dem dazugehörigen Garten liegt im Berliner Ortsteil Zehlendorf. Beide sind als Bau- bzw. Gartendenkmal eingetragen.

1922 entstand das von Max Werner entworfene »Haus Knobloch«, das seit 1946 als Ausstellungshaus genutzt wird. Seither wurden und werden dort große internationale Künstler und Künstlerinnen ausgestellt. Der Garten ist öffentlich und ein beliebter Ort.

Die Umgestaltung der Freianlagen erfolgte in Anlehnung an die denkmalpflegerische Zielsetzung des Büros Hortec vom September 2019. Die geplanten Maßnahmen umfassten die barrierefreie Erschließung des Gartens und der Terrassen, Renovierung der großen Terrasse mit Freitreppe, Herstellung eines Wegenetzes sowie Einbau von Natursteinmauern und -stufen.

Autor: Georg v. Gayl

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Steinort – barocker Park in der Masurischen Seenplatte

Stadt & Grün 12/2019, S. 42-45

Entscheidet man sich für eine Reise mit dem Auto nach Masuren, dem südlichen Teil des ehemaligen Ostpreußen, setzt dieses die Bereitschaft voraus, eine wirklich lange Fahrt in Europas Nordosten zu unternehmen. Die Entfernung zwischen Start und Ziel entspricht der von Berlin nach Trier allerdings führt der weitaus größte Teil der Anreise bereits ab Posen (Poznan) allein über Landstraßen, die allerdings gut bis sehr gut ausgebaut sind. Nähert sich die Masurische Seenplatte, tauchen immer wieder  größere und kleinere Seen in einer leicht gewellten, vom Ackerbau geprägten und abwechslungsreichen Landschaft auf. Die großen Schläge werden von Wäldern  oder kleineren Wäldchen unterbrochen. Mächtige Alleen säumen die Straßen, die sogar in der Ferienzeit nur schwach befahren sind. Dennoch ist Masuren eine der beliebtesten Ferienregionen in Polen mit jährlich steigenden Übernachtungszahlen.

Autor: Georg v. Gayl

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Die Außenanlagen des Museums Barberini in Potsdam

Neue Landschaft 10/2018

Seit Januar 2017 hat Potsdam ein neues Kunstmuseum am neugestalteten Alten Mark mit Rathaus, Nicolaikirche und dem wiederaufgebauten Schloss, dem heutigen Landtag. Mit über 700.000 Besuchern seit Eröffnung hat sich das Museum Barberini zu einem Publikumsmagneten entwickelt, der pro Jahr mit vier großen Kunstausstellungen überregional auf sich aufmerksam macht.

Der im Barockstil erbaute Kopfbau entstand nach Plänen des Architekten Carl von Gontard in der Regierungszeit Friedrich des Großen in den Jahren 1771/72 nach dem Vorbild des Palazzo Barberini in Rom. In erster Linie diente das Bauwerk als attraktives Gegenüber zum Schloss quasi als Kulisse, ein Barockbau im wahrsten Sinne des Wortes.

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Es war nicht im klassischen Sinne ein Palais, sondern wurde als Wohnhaus mit verschiedenen Geschäften im Erdgeschoss genutzt und hatte in seinem Inneren keine repräsentativen Funktion zu erfüllen. Um den entsprechenden Maßstab zu erreichen, hat das Gebäude drei Etagen mit jeweils 8 m Höhe.

Mitte des 19. Jahrhundert entstanden nach Plänen der Architekten Ludwig Persius, Friedrich August Stüler und Ludwig Ferdinand Hesse die beiden Seitenflügel im Klassizistischem Stil und bildeten so einen Innenhof, der in einer Freitreppe zur Alten Fahrt, einem Seitenarm der Havel, und einer Pergola endete. Der damalige Innenhof war in seiner Erscheinung schlicht ausgestattet, mit gepflasterten Wegeflächen und einer mittig liegenden kleinen Beetpflanzung, wie eine Hofansicht um 1935 zeigt. Mit der Bombardierung Potsdams im April 1945 wurde das Palais Barberini komplett zerstört und nach dem Krieg bis auf die erhaltenen Grundmauern abgetragen. Im Jahr 2010 entschied sich die Stadtverordnetenversammlung von Potsdam für einen historischen Wiederaufbau des Alten Marktes zu dem ebenfalls das Palais Barbarini gehörte. Mit dem Mäzen Hasso Plattner entstand die Idee, in den wieder aufzubauenden Barockbau mit seinen beiden Seitenflügeln ein Kunstmuseum für seine Gemäldesammlung beziehungsweise für Wechselausstellungen einzurichten. Dafür wurde im Frühjahr 2013 das Büro Hilmer & Sattler und Albrecht, Berlin, beauftragt. Die vom B-Plan geforderte detailgetreue, materialgerechte Rekonstruktion der Fassaden, insbesondere des Kopfbaues, war möglich, da auf eine sehr genaue Fotodokumentation aus dem 1920er-Jahren zurückgegriffen werden konnte. Die Baumaßnahmen begannen 2014 und endeten mit einer fulminanten Museumseröffnung im Januar 2017.

Freianlagen

Die Freianlagenplanung des Büros Georg v. Gayl – Landschaftsarchitekten ist durch eine formale Gartengestaltung mit immergrünen Pflanzungen geprägt und wird so dem historischen Charakter des barocken Gebäudes, mit geschnittenem Buchsbaum und Eiben gerecht. Der symmetrisch angelegte Innenhof besteht aus großzügigen Pflasterflächen, die von Hochbeeten aus Granit und Steinbänken flankiert werden. Die Mittelachse bildet der Eingang des Kopfbaues. Von hier erstreckt sich die Hoffläche bis zu einem schmiedeeisernen Tor an einer zum Wasser hinabführenden Freitreppe. Am Fuß der 18 m breiten Treppe schließt sich die ebenfalls neu gebaute Promenade an der Alten Fahrt, einem Nebenarm des Havelflusses, an.

Der Innenhof ist tagsüber geöffnet und erlaubt so einen Durchgang von der Promenade durch die Museumseingangshalle auf den Alten Markt oder umgekehrt. So wurde eine öffentliche Wegeanbindung zwischen Wasser und dem Altem Markt ermöglicht. In der Achse vor der Freitreppe steht der mächtige, 700 kg schwere „Jahrhundertschritt“, eine Bronzeskulptur des Leipziger Künstlers Wolfgang Mattheuer. Die Skulptur symbolisiert die beiden Diktaturen des 20. Jahrhunderts in Form eines marschierenden Mannes, dessen rechte Hand zum Hitlergruß erhoben ist und der gleichzeitig die linke Hand zur kommunistischen Faust ballt. Der Standort der Skulptur ist ein gewollter Bruch vor den barocken und klassischen Fassaden des sonst vollständig historisch erscheinenden Museumsbaus.

Am östlichen Ende des Hofes, vor der Promenade, befinden sich weitere Bereiche von hoher Aufenthaltsqualität. Der nördliche Teil enthält ein kleines Hochbeet mit Rosen, die eine Buchsbaumhecke umfasst. Auf der südlichen Hofseite – gespiegelt im Grundriss des Rosenbeetes – steht ein verglaster Café-Pavillon mit kleiner Bar und Innensitzlätzen. Beide Bereiche werden komplett von einer Pergola mit rankendem Wilden Wein umfasst. Die Pergola bildet so einen geschützten Raum in der Nähe zum Wasser, von wo aus der Besucher auf die gegenüberliegende Freundschaftsinsel, einem Gartendenkmal von Karl-Foerster, schaut. Darüber hinaus wird der Innenhof im Rahmen der Museumsnutzung als Ort für Empfänge und weitere Veranstaltungen genutzt. Gerade während der Sommermonate finden hier Yoga- und Malkurse statt oder werden Führungen für verschiedene Alters – und Interessentengruppen angeboten.

Pflanzen

Unter dem Innenhof befindet sich eine Tiefgarage von der aus die Museumsexponate im Untergeschoss in die Ausstellungsräume über Fahrstühle gelangen. Um auf der Tiefgaragendecke auch größere Pflanzen wachsen zu lassen, erweitern die Fassaden flankierenden Hochbeete den sonst viel zu geringen Wurzelraum. Gleichzeitig werden diese Einfassungen auch als Sitzgelegenheit von Besuchern genutzt. Die Bewässerung der Hochbeete erfolgt automatisch über Tropfschläuche. Für die Entwässerung der Hoffläche sorgen im Pflaster versteckte Schlitzrinnen sowie eine tiefer liegende Drainageschicht.

Zu den verwendeten Pflanzen gehören die beiden Buchssorten ’Blauer Heinz‘ und ’Elegantissima‘, die als geschnittene niedrige Hecken für ein immergrünes, geschlossenes Pflanzenbild sorgen. In den Beetflächen setzen geschnittene Eibenkugeln vertikale Akzente. Als Kletterpflanze wurde Wilder Wein ’Inversa‘ an den Pergolen Pfeilern eingesetzt. Aufgrund eines hohen Schädlingsdrucks erfolgt seit der Pflanzung ein intensives Monitoring zur Pflanzengesundheit. Durch die häufige Besuchstaktung von Pflanzenschutzexperten können Schadorganismen sehr früh erkannt werden und entsprechend Maßnahmen durch den pflegenden Garten- und Landschaftsbau durchgeführt werden. Teils werden erkrankte Pflanzen ausgetauscht.

Beleuchtung

Die Planung der nächtlichen Inszenierung der Museumsfassade erfolgte durch das Büro Lichtkunst Licht. In den Außenanlagen wurde eine direkte Beleuchtung durch Fassadenstrahler vorgenommen, sogenannten Wallwasher, die in der Pflanzung stehen und in keinem Winkel den Besucher blenden. Ebenfalls dienen Fassadenstrahler der Präsentation der Pergolen Pfeiler, wie auch Punktstrahler für die Illumination des Jahrhundertschritts eingesetzt wurden.

Bauablauf

Die Baustellenlogistik gehörte für die ausführende Garten- und Landschaftsbaufirma (alpina AG, Ludwigsfelde) zu den größten Herausforderungen. Eine Baustellenanbindung über den Wasserweg wurde geprüft, aber nach einer Kostengegenüberstellung, Schiff versus Standkran, wieder verworfen. So wurden sämtliche Materialien über den Kopfbau per Kran in den Innenhof gehoben. Über 300 t Material, wie Unterbau, Substrate, Einfassungen und Pflastersteine wurden so transportiert aber auch Maschinen, Kleinkräne, weitere Geräte und Pflanzen waren Inhalt der Krantransporte. Die Baumaßnahmen wurden nach drei Monaten im Sommer abgeschlossen, um im Herbst 2016 die noch ausstehenden Pflanzungen vorzunehmen.

Autor: Georg v. Gayl

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Von Dom zu Dom: Domfriedhof Havelberg

Gartenpraxis 2015/04

Einleitung
Der historische und unter Denkmalschutz stehende Alte Domfriedhof in der Hansestadt Havelberg gehört zum Domgebiet und ist zur Bundesgartenschau 2015 Teil des eintrittspflichtigen Ausstellungsgeländes.

Im Rahmen der Gärtnerischen Ausstellungen ist dieser ehemalige Friedhof der ideale Ort für die Präsentation von Mustergräbern und ist die Leistungsschau der Friedhofsgärtner und der Steinmetze.

Nach Ende der Buga dient der Alte Domfriedhof als öffentliche Dauerparkanlage der Hansestadt Havelberg und wird von der Stadt unterhalten. Die Aufgabe umfasste neben der Ausstellungs- und Pflanzplanung auch die Wiederherstellung des historischen Wegesystems sowie die Umwandlung der temporären Ausstellung zur Dauerparkanlage.

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Lage und Gestaltungsidee
Der Alte Domfriedhof liegt in 250 Meter Entfernung nordwestlich des Havelberger Domes an einem nach Süden abfallenden Hang. Das dreieckige Grundstück läuft nach Norden spitz zu. Nach allen Seiten fasst eine alte Backsteinmauer das Gelände ein. Direkt vor dem Friedhofseingang befindet sich eine kleine Platzfläche, die während der Buga als Einlasskontrolle dient.

Der Besucher betritt den Friedhof von Norden über zwei große Portale oder von Südwesten über eine temporäre Fußgängerbrücke.

Entlang einer großen Wechselpflanzung verlaufen strahlenförmig von Norden kommend zwei Wege auf eine Platzfläche zu, die von einer mächtigen Esche dominiert wird. Hier befindet sich das Herz der Ausstellung. Unter der mächtigen Baumkrone entsteht eine Platzfläche, die gleichzeitig der Vermittlungsort von Fachinformation der Friedhofsgärtner und Steinmetze mit temporären Pavillons ist.

Weiter südlich schließt ein Rundweg mit den Mustergrabflächen an. Das Wegesystem ist so angelegt, dass es in seiner Mitte ein Kreuz bildet und somit diesen christlich geprägten Ort unterstreicht.

Ziel der Planung war es, den Friedhof in seiner historischen Struktur wieder erlebbar zu machen und der Anlage ihren Charakter als ehemalige Begräbnisstätte zurückzugeben.

Historie und Bestand
Der Alte Domfriedhof stammt aus dem Jahr 1789. Von den einst vorhandenen Grabzeichen waren nur noch wenige Relikte in Form von Podesten, Einfassungen und einer Grabplatte erhalten. Als im Jahr 2012 die Planung begann, befand sich der Alte Domfriedhof im Zustand eines tiefen Dornröschenschlafes mit dichten Beständen an Altbäumen, Sträuchern und war aufgrund seiner starken Verbuschung nicht mehr nutzbar.

Als besondere Bauten befanden sich zwei wiederhergestellte sechseckige Ziegelsteinportale am nördlichen Eingang aus der Entstehungszeit sowie eine circa 130 cm hohe Ziegelmauer, die die Anlage allseitig umfasst und ebenfalls wiederhergestellt ist.

Maßnahmen
Neben dem Erhalt von Altbäumen, war es eine Forderung des Landesdenkmalamtes von Sachsen-Anhalt, das Wegesystem, gemäß eines historischen Plans aus dem Jahre 1890, wiederherzustellen.

Zu dicht stehende und sich behindernde Sträucher wurden entnommen und vorhandene Bäume und Sträucher teils gerodet oder stark zurückgeschnitten. Durch die Neupflanzung von standortgerechten Symbolpflanzen (Buchsbaum, Eibe, Ilex, Thuja, Wacholder) erweiterte sich das vorhandene Pflanzenspektrum insbesondere durch großflächige Efeupflanzungen im südlichen Teil.

Pflanzung von Stauden
Die Staudenlieferung erfolgte im Rahmen des gärtnerischen Wettbewerbs der Staudengärtner. Die Pflanzenauswahl erfolgte unter drei Aspekten nämlich friedhofstypisch, symbolhaft für die Grabkultur, dauerhaft. Hierdurch wird der Charakter einer ehemaligen Begräbnisstätte unterstrichen. Beispielhaft zu nennen wären Akelei, Primeln, Leberblümchen, Immergrün, Salbei, Maiglöckchen sowie verschiedene Farne, die häufig in Kombination mit Efeu vergesellschaftet wurden. Als Zwiebelpflanzen dienen Narzissen, Krokus und Schneeglöckchen.

Neben dem konventionellen Wettbewerb für die Grabbepflanzung wurden sogenannte `Neue Grabformen´ in die Ausstellung mit aufgenommen. Dichte Staudenpflanzungen umfassen ebenfalls diese, teils unkonventionellen Grabgestaltungen, harmonisch in die Gesamtanlage.

Autor: Georg v. Gayl und Benedikt Stockmayer

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Der Garten der IG Metall Bildungsstätte Pichelssee in Berlin

Stadt und Grün 2012/02
Berlin zieht Menschen aus aller Welt an. Diese Attraktivität verdankt die Stadt nicht nur dem kulturellem Angebot, der Lebensqualität und den günstigen Lebensbedingungen sondern auch seinen Wäldern, Parks und seinen Gärten. Nähert man sich im Landeanflug der Stadt, überraschen die vielen Wald- und Wasserflächen, die unter einem liegen und allein vierzig Prozent des Berliner Stadtgebietes einnehmen. Auch die Vielzahl von Parks und Gärten, öffentlichen Grünzügen und Stadtplätzen aus verschiedenen Zeitepochen prägen das Bild der Stadt und überraschen jeden, der die Hauptstadt neu kennen lernt.

Neben diesen öffentlichen Stadtentwicklungsmaßnahmen des 19. Jahrhunderts, die von Peter Josef Lenné und Karl Friedrich Schinkel maßgeblich gestaltet wurden, entstand auch das private Berliner Grün: In den Villenkolonien wurden luxuriöse Landhaus- und Villengärten des aufstrebenden Bürgertums angelegt und gepflegt.

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Die Weiterentwicklung und Blüte des Berliner privaten Grüns erlebte in den 1930er Jahren mit der Verfolgung des jüdischen Großbürgertums durch die Nationalsozialisten einen starken Einbruch. Ein wichtiges Stück privater Gartenkultur ging verloren, da Bankiers, Schauspieler und Wissenschaftler große Gärten verließen und ins Ausland immigrieren mussten.

Mit der anschließenden Zerstörung Berlins während des Zweiten Weltkriegs erlitt das Berliner Gartenwesen den größten Rückschlag seit seinem Bestehen. Von den ehemals 4.4 Millionen Einwohnern waren nur noch 2.8 Millionen Einwohner übrig geblieben und was von den Parks und Grünanlagen nicht schon durch Bunker oder durch die Kampfhandlungen selbst vernichtet war, rodete die Bevölkerung, um Heizmaterial zu beschaffen und Anbauflächen für Gemüse zu haben.

Die Nachkriegszeit war geprägt vom Wiederaufbau beider Stadthälften und ehemals bedeutende Berliner Privatgärten wurden durch Grundstücksteilungen zerstört oder verfielen in einen Zustand der Lethargie, der – im Glücksfall – erst viele Dekaden später endete. Was geschieht mit einem alten Garten, der vor vielen Jahren mit großem Aufwand angelegt wurde, dann im Laufe der Zeit nur noch eine extensive Pflege erfährt und anschließend eine Dekade völlig verwaist? Die Antwort ist nicht schwer. Eigentlich entsteht genau das, was Gärtner bestrebt sind, mit ihrer jahrelangen Pflege zu vermeiden: Verwilderung, Artenverdrängung, Verlust der räumlichen Bezüge, Verfall von Bauten und Ausstattungen, Zerstörung.

Ein typisches Beispiel für die Geschichte eines Berliner großbürgerlichen Gartens im 19. und 20. Jahrhundert ist der Garten der Bildungsstätte der IG-Metall, Pichelsee, im Berliner Bezirk Spandau. Der Landschaftspark ist bis heute erhalten geblieben.

Ende des 19. Jahrhundert baute sich der Brauereibesitzer Julius Busse eine Villa im klassizistischen Stil auf der Landzunge zwischen Scharfen Lanke und dem Pichselssee, eine Ausbuchtung des Havelflusses, mit einem umliegenden 5,1 Hektar großen Park. Auf dem amtlichen Lageplan von 1926 ist der quadratische Grundriss des Hauses sowie ein großzügig angelegter Landschaftspark, der von der Bevölkerung genannte „Schlosspark“ mit geschwungenen Wegen zu erkennen. Für einen Privatgarten war diese Anlage von ungewöhnlicher Größe.

Nach dem Besitzerwechsel erfolgte 1935 der Einzug des Verlegers Ferdinand Springer, dem Inhaber des aufblühenden Wissenschaftsverlages Julius Springer. Sein Sohn Dr. Konrad Springer nutze das Anwesen allerdings nur bis 1943, weil das Gebäude kriegsbedingt ausbrannte und als Ruine stehen blieb. In der Nachkriegszeit diente das vom Krieg unbeschädigte Bootshaus wieder seinem ursprünglichen Zweck und Mitarbeiter des Springer Verlages nutzen das verwilderte Gelände an Wochenenden für Ausflüge.

Nach dem Bau der Berliner Mauer zog Konrad Springer Anfang der 1960er Jahre nach Heidelberg um. Noch vorhandene Pflanzen auf dem Anwesen wurden ausgegraben und in den neuen Privatgarten nach Heidelberg transportiert. Konrad Springer wird von seiner Witwe Brita Springer als begeisterter Pflanzenfreund und Botaniker beschrieben. Der Verkauf des Grundstücks erfolgte an die IG-Metall, die eine Jugendbildungsstätte in einem eingeschossigen Gebäude mit Satteldach nahe am Eingang einrichtete.

Im Zusammenhang mit dem Neubau einer Bildungsstätte auf dem Standort des Ursprungsgebäudes Mitte der 1980er Jahre, geplant von Prof. Klaus Kafka, mit 150 Betten, wurde auch die Gartenanlage von Prof. Günther Nagel umgestaltet. Nach der Kartierung des teils wertvollen Baumbestandes erfolgte noch eine Änderung in der Hochbauplanung, um besonders alte und schöne Bäume zu schützen.

Der gepflegte Garten wird seitdem nur von Besuchern der Bildungsstätte genutzt und ist öffentlich nicht zugänglich. Vom ehemaligen Standort der Villa und jetzigen Terrasse der Bildungsstätte erstreckt sich eine spektakuläre Sicht, eingerahmt von Parkbäumen nach Süden über das Wasser entlang des Havelufers bis zur Halbinsel Schildhorn und weiter nach Kladow. Eine Teichanlage, ein Kleinspielfeld sowie eine Pergola mit Sitzbereich nahe des Bootshauses gehören zu den Ausstattungen des Parks. Unter besonderem Naturschutz steht der eingezäunte und sehr breite Ufer- und Schilfsstreifen des Gartens, der jedoch nicht zugänglich ist.

Im Jahr 1989 beauftragte das Naturschutz- und Grünflächenamt des Bezirks Berlin-Spandau das Büro Hickisch und Hanke, ein Sanierungskonzept zur Bewertung des Uferbereichs an der Scharfen Lanke zu erstellen. Ziel war es, Erschließungs- und Gestaltungsvorschläge zu erarbeiten, um diesen der Öffentlichkeit besser zugänglich zu machen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen warten noch weiterhin auf ihre Umsetzung.

Diesen Sommer feierte die IG Metall ihre 50jährige Präsenz am Pichelssee. Damit ist sie von allen bisherigen Eigentümern die längste Zeit auf der Halbinsel. Wie schon vor über 100 Jahren ist der Garten weiterhin versteckt vor neugierigen Blicken, der nur vom Wasser aus erahnen lässt, was sich hinter den großen Bäumen verbirgt.

Autor: Georg v. Gayl, Landschaftsarchitekt 1. Vorsitzender der DGGL, Berlin- Brandenburg.


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Der Jardin des Media in Berlin-Schmargendorf

Stadt und Grün 2011/04

Einleitung
Die sogenannte Inwertsetzung von Grünanlagen wird schon seit einigen Jahren in Fachkreisen diskutiert. Wie bemesse ich den Wert einer gut gepflegten und ansprechend gestalteten Grünanlage? Steht der Pflegeaufwand für eine Grünanlage im Verhältnis zu ihrem Ertrag also den gezahlten Mieten oder zu ihrem ideellen oder auch repräsentativen Wert? Welchen Einfluss haben gut gepflegte Grünanlagen auf den Bodenwert einer Immobilie, auf die langfristige Bindung des Mieters zu seinem Wohn- oder Nutzungsobjekt, seiner Identifikation?

Befinden sich die Grünanlagen innerhalb eines Wohn- oder Gewerbegebietes in einem guten Zustand bedeutet dieses einen höheren Zufriedenheitsgrad seiner Nutzer. Wächst den Anwohnern und Mietern das sie umgebene Grün ans Herz, so kann eine emotionale Bindung zum Objekt entstehen, die zu einer sozialen Kontrolle führt und weitestgehend Zerstörung oder Vandalismus ausschließt.

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In jüngerer Vergangenheit wird in der Stadt öffentliches und halböffentliches Grün auch als produktiver Raum verstanden, in dem nicht allein Gartenbauprodukte sondern auch soziale Zusammenhänge und Identitäten erzeugt werden. Beispiele hierfür sind die Prinzessinnengärten oder die Nachbarschaftsgärten in den innerstädtischen Bezirken Berlins. Die diversifizierte städtische Gesellschaft und ihre Kreativität halten Einzug auch in die Gestaltung von Grünräumen.

Gemüse zum Nutzen und als Zierde
Wer einmal im Rahmen eines Besuchs der Loire-Schlösser die Gärten des Château de Villandry kennenlernen durfte, weiß wie ungemein dekorativ ein streng formal angelegter Gemüsegarten sein kann. Die Rekonstruktion eines Renaissance-Gartens wurde im 20. Jahrhundert im Stil des 16. Jahrhunderts angelegt, wobei die Art der Bepflanzung auf das Mittelalter zurück geht, wo in Klostergärten das Gemüse in geometrischen Formen gepflanzt wurde und hochstämmige Rosenstöcke zur weiteren gärtnerischen Zier beitrugen. In ihrer Gesamtheit gehören die Gärten von Villandry sicher zu den weltweit originellsten Gartenanlagen und sind Gegenstand vieler Betrachtungen zur Gartenbaugeschichte.

Dass Gemüse schön ist und gleichzeitig einen hohen Nutzen für die Ernährung besitzt, fand auch Frank Doucet, Geschäftsführer von ICADE Reim Deutschland, einer französischen Entwicklungs- und Investorengesellschaft. Als das Unternehmen die ehemaligen Verwaltungsgebäude der AEG am Hohenzollerndamm aus den 1930er Jahren im Berliner Bezirk Wilmersdorf im Jahr 2008 übernahm, galt es, ein Nutzungskonzept für diesen Standort und für seinen Freiraum zu entwickeln. Wie kann man einen Standort und die Außenanlagen attraktiv machen? Wie gelingt es, eine eigene Identität für die Nutzer, derzeitigen und zukünftigen Mieter herzustellen und diese langfristig, also nachhaltig an den Standort zu binden?

Jardin des Media
Mit der Kaufübernahme befand sich auf dem Rondell in der Mitte des Gebäudeensembles nur eine Rasenfläche mit einzeln am Rande stehenden Bäumen. Die Idee von Frank Doucet hier einen Gemüsegarten anzulegen bot sich an, da das Rondell sowohl geschützt als auch ein vollsonniger Standort ist und sich daher für den Anbau von Gemüse und Obst gut eignen würde. Da es sich Unternehmen aus der den Sparten Film- und Medien bereits angesiedelt hatten, erhielt der zukünftige Garten den Namen Jardin des Media.

Mit dem Entwurf und der Ausführung wurde David Rodwell, Inhaber der Berliner Garten- und Landschaftsbaufirma Be.B.C. beauftragt. Sein Entwurf bestand aus einem rasterförmig angelegten Garten von dessen mittig liegendem Platz strahlenförmig vier Hauptwege den Garten in vier Teilflächen gliedern. In diesen Teilstücken liegen sowohl rechteckige, von Holzbohlen eingefasste Hochbeete als auch ebenerdige Beetflächen. Die rund 1.000 qm große Anlage ist mit einem niedrigen Stabgitterzaun eingefasst, um das Gemüse vor ungebetenen Gästen, wie Kaninchen, zu schützen. Die Ränder umgeben Halbstamm-Obststräucher, wie Stachel- oder Johannisbeeren. Alle Wege sind mit Buchsbaum eingefasst und geben dem Garten ein streng formales, ja, fast barockes Erscheinungsbild. Zwischen den Beeten dienen Holzschnitzel als Wegebelag. Holzbänke an den Seiten bieten Sitzplätze für Mittagspausen an.

In diesem halböffentlichen Raum, unweit des von Verkehr stark frequentierten Hohenzollerndamms und der Stadtautobahn entstand ein geometrisch angelegter Gemüsegarten, der mittlerweile von ganz unterschiedlichen Nutzergruppen angenommen wurde – in der Berliner Gartenlandschaft ist dieses ein absolutes Unikat.

Den Garten pflegt während der Vegetationsperiode David Rodwell. Um möglichst viel Gemüse über einen langen Zeitraum ernten zu können, wird ein breites Spektrum an Küchenkräutern und Gemüsearten, auch zeitlich gestaffelt, kultiviert. Einige der angebauten Arten sind: Basilikum, Blumenkohl, Bohnen, Dill, Erdbeeren, Fenchel, Gurken, Grünkohl, Honigmelone, Kürbis, Schnittlauch, Mangold, Paprika, Petersilie, Radieschen, Rosen- und Rotkohl, Blattspinat, Tomaten, Thymian, Zucchini und Zuckererbsen.

Jeden Freitagnachmittag wird das Gemüse für die Mitarbeiter aus den umliegenden Büros geerntet. Anders als auf dem Wochenmarkt sind Obst und Gemüse kostenlos und der Nutzer bestimmt den Wert: Dieser erfolgt nach seiner eignen Einschätzung und in die Kasse des Vertrauens gelangt ein Betrag, den der Geber für angemessen hält. Den Erlös aus dem Verkauf von Obst- und Gemüse spendet ICADE an „Die Arche“, einem christlichen Kinder- und Jugendwerk in Berlin. Die Spende kommt so Kindern direkt zu Gute, die für deren Mahlzeiten verwendet werden. Somit hat der Jardin des Media eine Wohlfahrtswirkung nicht nur für die umliegenden Gewerbemieter und Anwohner sondern reicht noch über seine Grundstücksgrenze deutlich hinaus.

Wozu dient der Garten?
Neben dem Anbau und Verkauf von saisonalem Obst und Gemüse ist aus einer ehemaligen Funktionsfläche ein Garten entstanden, der eine neue und eindeutig ästhetische Komponente durch seine Umgestaltung und durch das Gemüse und Obst erhalten hat. Die dekorativen Blätter beispielsweise von Mangold und Kohl und das sich ständig verändernde Bild des Gartens tragen erheblich zur Gestaltungsintensität des Freiraums bei und erwecken beim Betrachter Neugier. Gleichzeitig hat der Garten einen pädagogischen Aspekt, da hier erlebbar ist, wie Gemüse gesät, angezogen, gepflanzt, gepflegt und schließlich auch geerntet wird.

Aus den Büros der umliegenden dreigeschossigen Gebäude bietet sich den Betrachtern während der Vegetationsperiode ein sich ständig verändertes Gartenbild. Zusätzlich dient der Garten neben seinem ästhetischen und kulinarischen Nutzen auch noch als Ort der Kommunikation, der Begegnung sowie der Kontemplation. Ein Höhepunkt der Pflege von sozialen und geschäftlichen Kontakten ist das Hoffest in jeden Sommer am 14. Juli erklärt der Stellvertretender Geschäftsführer Sylvain Griffon. Anlässlich des französischen Unabhängigkeitstages lädt ICADE alle Mieter, Geschäftspartner und – freunde zu einem Sommerfest in ihren Garten ein. Der Garten wird so zu einem multifunktionalen Ort, der schon aus sich selbst heraus für den Standort wirbt und Menschen an sich bindet.

Der Jardin des Media ist ein gelungenes Beispiel für ein aktives Selbermachen von Grün in Berlin und zeigt eine neue Kooperationsform zwischen unterschiedlichen Akteuren, die sich mit dem neu geschaffenen Standort identifizieren und gemeinschaftlich Verantwortung übernommen haben.

Autor: Georg v. Gayl, 27.1.2011


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Foto: Peter Hausdorf, ETBF

Foto: Sabine Wenzel, ETBF

Foto: Sabine Wenzel, ETBF

Fünf Jahre Volkspark Potsdam

Beitrag für Garten+Landschaft, Heft 07/2006
Dieses Jahr feiert der Volkspark Potsdam auf dem Bundesgartenschau- gelände fünfjähriges Bestehen. Wie hat sich der Park entwickelt, der 2001 auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz entstand? Eine Bundesgarten- schau ist langfristig nur dann erfolgreich, wenn die Anlage auch nach der Schau funktioniert, nämlich von der Bevölkerung angenommen wird, sie sich mit dem Park identifiziert.

Am 1. Mai diesen Jahres lud der Parkbetreiber auf dem Bornstedter Feld an eine 600 Meter lange Kaffeetafel am Wasserplatz ein. Trotz Eintritts kamen 8.000 Besucher. Im Vorjahr hatten insgesamt 300.000 den Park besucht, 3.500 Potsdamer kauften Dauerkarten.

Konzept zur Nachnutzung
Schon im Vorfeld der Bundesgartenschau erarbeitete man das Nachnutzungskonzept für den Park. Ziel war es, einen sport- und freizeitbetonten Naherholungspark in der Mitte eines neu entstehenden Wohngebietes im Norden Potsdams zu schaffen, der sich deutlich von den historischen Parkanlagen unterscheiden sollte. Früh war klar, dass nach der Schau weiterhin Eintritt erhoben werden sollte. Seit 2003 betreibt nun die städtischen Gesellschaft Entwicklungsträger Bornstedter Feld GmbH den Park, die bereits den BUGA-Park maßgeblich gebaut hatte und dafür verantwortlich war, Wohnungsbau und Gewerbeansiedlung auf dem Bornstedter Feld zu entwickeln und zu vermarkten. Seitdem heißt die Anlage „Volkspark Potsdam auf dem BUGA-Gelände“. Hier schwingt der soziale Anspruch dieser Anlage als Familienpark mit.

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Imagepflege, Bewerbung und Vermarktung der Anlage sowie der Aufbau eines Stammpublikums gehörten zu den Aufgaben des neuen Betreibers. Nach einer Bestands- sowie einer Stärken- und Schwächen-Analyse ließ die Gesellschaft einen Informationspavillon am Haupteingang und feste WC-Anlagen im so genannten Veranstaltungswall bauen, außerdem wurde das Wegesystem weiterentwickelt. Zusätzlich erweiterte der Betreiber das Spielangebot um ein Beach-Volleyballfeld, Tischtennisplatten und eine Skaterbahn; auch die Zahl an blühenden Pflanzen im Park wurde wieder erhöht. Familien können mittlerweile am Haupteingang Bollerwagen, Laufräder und Schachspiele ausleihen, auf den ehemals temporären Ausstellungsflächen befindet sich ein Golfabschlagplatz, der von einem privaten Pächter betrieben wird. Frequentiertester Ort im Park ist das Café am Wasserspielplatz. Die Kombination von Kinderspiel und Gastronomie zieht besonders bei schönem Wetter Besucher an. Unter der Woche hat das Café die Funktion eines Stadtteiltreffpunkts.

Pflege durch private Firmen
Die Entscheidung, seit 2002 einen eher symbolischen Eintrittspreis von einem Euro zu

erheben, erwies sich als richtig. Besucherumfragen ergaben, dass eine gepflegte Anlage und ein breites Spiel- und Sportangebot Besucher anziehen. Im Potsdamer Volkspark pflegen private Firmen die Vegetationsflächen und die Wege, warten und reinigen die technischen Anlagen und die Spielgeräte. Auch Graffiti wird innerhalb von 48 Stunden beseitigt. Ein Wachschutz beaufsichtigt den Park.
Um neue Besucher für den Park zu gewinnen, erwiesen sich Veranstaltungen als Probates Mittel. Über 100 Open-Air-Konzerte, Parkfeste und Sportveranstaltungen finden sich von Mai bis Oktober im Potsdamer Veranstaltungskalender. Teilweise sind diese Veranstaltungen in Eigenregie vom Betreiber organisiert, teilweise in Kooperationen mit Potsdamer Einrichtungen wie Schulen und Vereinen, zum Teil sind es Fremdveranstaltungen.

So soll der Park zum Teil des öffentlichen Lebens der Stadt werden. Drei Großveranstaltungen, das Gartenfest, die Feuerwerkersinfonie und das Internationale Drachenfest haben sich mit insgesamt 42.000 Besuchern im vergangenen Jahr bereits etabliert. Dank seines Veranstaltungsprogramms und des Angebots für Familien und Freizeitsportler hat der Park als Naherholungsgebiet ein eigenes Profil gegenüber den historischen Potsdamer Parks bekommen.

Mit der Entscheidung, den Prozess intensiv durch einen Betreiber zu begleiten, befindet sich die Stadt auf dem richtigen Weg. Die Erfahrungen der vergangen Jahre zeigen deutlich, dass es keine Patentrezepte für die Nachnutzung eines ehemaligen Bundesgartenschaugeländes gibt sondern nur standortspezifische, auf die neuen Nutzer abgestimmte Lösungen, erfolgversprechend sind.

Autor: Georg v. Gayl


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Nischen für die Profession

Beitrag für Garten+Landschaft, Heft 07/2005
Der klassische Markt für junge wie für etablierte Landschaftsarchitekten schrumpft. Doch es gibt zahlreiche Möglichkeiten, am Rand des beruflichen Spektrums Nischen zu erobern.

Leben wir als Landschaftsarchitekten etwa in einer Nischengesellschaft? Klein, also eine Nische passend, ist unsere Zunft allemal. Den Begriff der Nischengesellschaft prägte einst Günter Gaus, der die damalige DDR als eine solche bezeichnete. Dort zogen sich die Bürger ganz in ihr Privatleben zurück, um nur ihren persönlichen Interessen nachzugehen, die fern ab vom Alltag des sozialistischen Realismus lagen. Mit der hier gemeinten Nische ist allerdings eher der Aktionsraum gemeint, der Möglichkeiten in sich birgt, alternative Nahrungs- oder vielmehr Einkommensquellen zu finden.

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Wenn wir uns an unsere Schulzeit erinnern, lernten wir, dass die ökologische Nische durch die verschiedenen Umweltfaktoren bestimmt wird, die es einer Spezies erlauben, zu überleben. Hierbei spielen unterschiedliche Faktoren, wie zum Beispiel Art der Nahrungsquelle oder Größe der Nahrung, Temperatur, Lichtintensität oder Luftfeuchtigkeit eine Rolle. Die so genannte Einnischung ist demnach das wirkungsvollste Prinzip, um Konkurrenz zu vermeiden und die Koexistenz vieler Arten im gleichen Biotop zu ermöglichen. Klingt das kompliziert? Nein, mit anderen Worten, bedeutet dies, dass derjenige überlebt, der unter geringem Konkurrenzdruck leidet.

Beruflicher Erfolg in Nischen
Es gibt Nischen, also Arbeitsfelder in der Landschaftsarchitektur, die nicht unbedingt mit dem klassischen Tätigkeitsspektrum des Landschaftsarchitekten zu tun haben müssen aber dennoch Möglichkeiten für berufliche Erfolge bieten. Eine aktuelle Befragung von Hochschulabsolventen zeigt, dass nur knapp über die Hälfte der Diplomierten ihr Studium ein zweites Mal wählen würden (1985 waren es noch 76 %). Kann man hieraus schlussfolgern, dass der gewünschte berufliche Erfolg ausblieb?

Die Jahrhunderte währende Zurückgezogenheit des Gärtners, sein bescheidenes Auftreten, sein häufig zurückgewandtes Agieren und sein gering ausgeprägtes Verhältnis zu moderner Technik führten dazu, sich im modernen Leben mehr oder weniger an die Wand drücken zu lassen.

Diese These steht zwar im Widerspruch zur Tatsache, dass die heutige Ausbildung zum Landschaftsarchitekten in Deutschland so fächerübergreifend ist, wie die weniger anderer Berufe. Ebenso verfügt kein anderes Land in Europa über 17 Hochschulen mit insgesamt 22 Studiengängen für Landschaftsarchitektur. Auf eine 75-jährige Tradition der akademischen Ausbildung kann man voller Stolz zurückblicken.
In wie fern in der Hochschulausbildung jedoch das Eigenmarketing Berücksichtigung findet, gilt es zu überprüfen, zumal es ein wichtiger Bestandteil für das weitere berufliche Sein ist. Deutsche Landschaftsarchitektur wird nach China exportiert und ein paar Büros haben große Bauvorhaben in anderen Ländern des boomenden Asien. So schlecht kann die internationale Reputation so schlecht nicht sein. Was ist also los?
Die Abhängigkeit zur Bauwirtschaft und ihre derzeitige desolate Situation ist sicherlich ausschlaggebend für den Trend zum negativen Selbstverständnis. Gibt es aber mögliche Alternativen?

Seit einigen Jahren sind Open-Air- Veranstaltungen, insbesondere Kunst- und Musikfeste sowie Festivals zu einem festen

Bestandteil des kulturellen Lebens in den Sommermonaten Land auf Land ab geworden. Kaum eine Stadt bietet nicht mindestens ein größeres Kulturevent an.

Inszenieren von Freiräumen
Als überregionales Ereignis in Berlin-Brandenburg hat sich beispielsweise die Potsdamer Schlössernacht, die eigentlich eine Gartennacht ist, nun schon im siebenten Jahr, etabliert. Sie zieht jedes Jahr an einem Abend im August 32.000 Gäste an, denen 5.000 Mitwirkende, wie Künstler, Caterer, Ordner und Bewacher gegenüberstehen. Das besondere hierbei ist, dass die Garten- und Freiräume zusammen mit den Gebäudeensembles nachts durch Beleuchtung so inszeniert werden, dass sie zu neuen gartenkünstlerischen Eindrücken führen. Die Aufgabe der Landschaftsarchitekten und Gärtner besteht bisher lediglich darin, möglichen Schäden in den historischen Anlagen vorzubeugen beziehungsweise Eingriffe zu minimieren. Eventmacher arbeiten eng mit Lichtkünstlern zusammen, die beispielsweise Lennésche Sichtachsen betonen oder auch andere Gartenräume ganz neu in Szene setzen.
Wer bietet sich aber für die Inszenierung von Landschaften mehr an als der Landschaftsarchitekt? Die Erfahrungen im Projekt- management zeigen, dass Veranstaltungen so viele Gemeinsamkeiten mit der klassischen Planung, Bauleitung und Durchführung haben, dass es sich lohnen kann, seine Fühler in eine Domäne auszustrecken, die bisher Agenturen vorbehalten was. Beispielsweise tummeln sich auch in der Konzeption und dem Bau von Ausstellungen nicht nur Hochbauarchitekten und Museumspädagogen, sondern auch Landschaftsarchitekten, die Galerien betreiben oder als Kuratoren von Ausstellungen beschäftigt sind. Die Präsentation und die Visualisierung von Freiräumen gehört schließlich zu den Kernkompetenzen unserer Profession.

Landschaftsarchitekten als Moderatoren
Im Rahmen von Symposien und Tagungen kann die Moderation ein weiteres berufliches Standbein sein. Voraussetzung hierfür ist zum einen die Kunst der freien Rede, eine gehörige Portion Zurückhaltung sowie ein spezifisches Fachwissen, dass einen erst nischenfähig macht. Der Moderator agiert vornehmlich als Anwalt des Publikums und ist erst wirklich gut, wenn ihn der Beobachter fast nicht wahrnimmt, aber dennoch im richtigen Moment bei seinem Gesprächs- partner nachhakt. Das Auditorium fühlt sich

inhaltlich besser vertreten, wenn der Moderator ebenfalls Fachkollege und nicht ein Allrounder ist, wie beispielsweise ein Rundfunk-moderator oder Redakteur einer Tageszeitung – wie bei einer Tagung zu Marketing-Konzepten für Gärten und Schlösser in Hannover im vergangen November geschehen.

Tätigkeit als Autor
Bei den Medien angekommen, lohnt es sich den Printmedien zu widmen. Hierbei wird in den Sach- und Fachbüchermarkt sowie in den Zeitschriftenmarkt unterschieden. Jährlich erscheinen unzählige Gartenbücher in ganz unterschiedlicher Qualität, weil eine Nachfrage trotz Konjunkturflaute durchaus besteht. Gleiches gilt für die über 20 Gartenmagazine, die regelmäßige Leser finden. Ob als Lektor im Verlag, Zeitschriftenredakteur, Autor oder als Fotograph bieten sich hier wieder Nischen an, die natürlich absolut gesehen nur einen kleinen Teil von Landschaftsarchitekten beschäftigen (Erhebungen hierzu sind rar) aber interessante Arbeitsbereiche sind. Als positiver Nebeneffekt wäre noch das Eigenmarketing zu nennen, aus welchem sich sowohl weitere Berufskontakte ergeben als auch der Umstand, den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern.

Das bundesweite Hochschulangebot und die jährlichen Absolventenzahlen stehen im Widerspruch zur aktuellen beruflichen Situation von Landschaftsarchitekten. Gerade deshalb ist das Finden von Nischen eine Möglichkeit, im Dschungel zu überleben, in dem bekanntlich der Konkurrenzkampf tobt.
Autor: Georg v. Gayl


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Gartenboom und Gartenkultur 2003

Beitrag für Garten+Landschaft, Heft 01/2004

Baumarktgärten versus Gartenkunst

„Woran es so oft mangelt, das ist die Achtung des Auftraggebers vor der Arbeit des planenden Gartenarchitekten“… schrieb der Lübecker Gartenarchitekt Harry Maaß vor 85 Jahren in seinem sehr empfehlenswerten Buch „Wie baue und pflanze ich meinen Garten“. Wie sieht es heute im Bereich Hausgartenplanung aus?

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Einige Zahlen: In Deutschland gibt es ca. 80.000 Gartenbaubetriebe in den Sparten Produktion, Handel und Dienstleistung. Diese erwirtschafteten in 2002 einen Gesamtumsatz von etwa 26 Milliarden Euro. Umsätze aus zugehörigen Branchen wie Geräte und Maschinen sind darin noch nicht einmal enthalten. Der Bereich Garten- und Landschaftsbau (Dienstleistung) erwirtschaftete weitere 4,87 Mrd. Euro. Die Bereitschaft, für Pflanzen und Gärten Geld auszugeben, ist vorhanden. Das bundesdeutsche Konsum- verhalten wird durch eine Handvoll von Lebensmittelkonzernen und Handelsketten bestimmt. Warum sollte es im Gartenbereich anders aussehen? Es sind die Gartencenter und großen Baumärkte, die den breiten

Kundengeschmack widerspiegeln und auch prägen.
Die allgemein verbreitete Einstellung von Haus- und Gartenbesitzern gegenüber der geistigen Arbeitsleistung von Garten- und Landschafts- architekten hat sich seit Harry Maaßschen Zeiten nicht geändert. Allein schon eine Erstberatung, die mündlich verabreicht, viele Fehler vermeiden ließe, scheitert häufig schon an der Hemmung, sich fachlich adäquat zu informieren. Statt dessen kontaktiert man bestenfalls einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb oder geht gleich in einen der einschlägigen Baumärkte in der Umgebung und rüstet sich, Land auf Land ab, regionale Materialien oder Bauweisen links liegen lassend, stetig und immer mit den gleichen Ausstattungs- elementen wie Sichtschutzelementen, Pflanzringen zur Hangsicherung, immergrünen Gehölzen oder mit dem allseits beliebten quadratischen Zelt als Laubenersatz aus.

Warum? Weil alles andere nicht erschwinglich ist? Liegt es daran, dass wir uns im Zusammenhang mit der Planung von Hausgärten in einem solchen Luxussegment bewegen, das nur ganz wenigen erlaubt, einen Gartenarchitekt zu konsultieren?

Die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Zunft befindet sich anscheinend auf dem Nullpunkt. Hochbauarchitekten planen Räume, die sich verkaufen lassen. Vielleicht wird ihnen deshalb eine höhere Beachtung zuteil. Landschaftsarchitekten planen Räume, die der kontemplativen Betrachtung dienen, die unendliche Beobachtung und dauerhafte Zuwendung verlangen und sich auch noch stetig wandeln.

Kooperationen mit Ausführenden
Werden Gartenarchitekten so selten zur Beratung herangezogen, weil der Bauherr das hohe Honorar fürchtet? Eine Nische für Privataufträge scheint die Kooperation zwischen Planer und Ausführendem zu sein.

Mit zurückgehenden Aufträgen der öffentlichen Hand richtet sich das Interesse der Garten- und Landschaftsbaubetriebe zunehmend auf den Verkauf von Planungs- und Gestaltungs- dienstleistungen an finanziell bessergestellte, private Auftraggeber. Der Branche kommen dabei zwei Trends entgegen:

Zum einen wird der Garten immer weniger schlicht als ein bloßes Grundstück gesehen, auf

dem das eigene Haus steht, sondern zunehmend als integraler Bestandteil des selbst genutzten Immobilienbesitzes. Er spiegelt das Gartenverständnis seines Besitzer wider, schafft somit eine Identität und dient als Rückzugsrefuguim wie auch der Repräsentation. Dabei steigt die Bereitschaft, erhebliche Mittel in die Qualität und Ästhetik des eigenen Gartens zu investieren. Der eigene Garten gewinnt auch als Mittel der Werterhaltung und –steigerung der selbst genutzten Immobilie Gewicht. Zum anderen gewinnt der Garten Bedeutung als Luxus-Konsumobjekt. Der einschlägige Messemarkt (home and garden, park and garden und andere) sowie die zunehmende Zahl und der ständig steigende Markterfolg von hochpreisigen Spezialversendern zeugen von dieser rasanten Entwicklung. Sie kommt nicht von ungefähr: das Interesse am Garten ist besonders bei den „best agern“ (Bauer Media: Best age: Fakten und Meinungen. Die Käuferanalyse aus dem A.-C. Nielsen Homescan Panel, Juli 2000) beziehungsweise der „winning generation“ ausgeprägt. Diese verfügt über hohe Netto-Haushaltseinkomen und überdurchschnittliche Bildung. Genau dieser Zielgruppe nähert sich der Bundesverband Garten- Landschafts- und Sportplatzbau, BGL.

Mit seiner überregional geschalteten Anzeigenkampagne „The Green Side auf Living“ macht dieser „Lust auf Garten“ und wirbt für seine Mitgliedsbetriebe (die mit dem Fachverbandslogo) als „Experten für Garten- und Landschaft“. Zu dem angebotenen Leistungsspektrum gehören neben der Ausführung und Pflege von Hausgärten häufig auch Planungsleistungen, die sich mit den Baukosten verrechnen (lassen).

Hochwertige Hausgärten
Eine ähnliche Klientel sprechen auch die sich vor zwei Jahren gegründeten „Gärtner von Eden“ an. Sie sind eine Genossenschaft von rund 50 bundesweit verteilten, ausgesuchten Garten- und Landschaftsbaubetrieben und assoziierten Gartenarchitekten, die unter diesem Markennamen auftreten und hochwertige Hausgärten „aus einer Hand“ planen, bauen und pflegen. Die „Gärtner von Eden“ sind Mitherausgeber des vierteljährlich erscheinenden Hochglanz-Gartenmagazins „Eden – das Magazin für Gartengestaltung“ und informieren den geneigten Leser über ihre Arbeit und ihr Können. Dieses Marketingkonzept erscheint äußerst erfolgversprechend.

Vor wenigen Wochen warb die Baumarktkette HORNBACH in einer einschlägigen Frauenzeitschrift mit folgender Anzeige: Eine junge Frau schneidet mit einer elektrischen Heckenschere auf einem Bein humpelnd, weiter vergnügt an einer Hecke herum, obwohl sie sich das andere kurz zuvor mit der Schere abgetrennt hat. Als blutender Stumpf liegt dieses noch auf dem Rasen. „Woman at Work- Frauen jammern wenigstens nicht gleich bei jedem kleinen Kratzer. Es gibt immer was zu tun.“
Kann man nicht neben der Heckenschere gleich noch eine Gartenplanung dazu kaufen? Nein, dieses bietet dieser Bau- und Gartenmarkt doch nicht mit an, genauso wenig wie Beinprothesen.

Das Angebotsspektrum für die Gartenplanung in Gartencentern und Baumärkten ist äußerst unterschiedlich. Planungsleistungen werden teils überhaupt nicht angeboten, das Spektrum geht aber auch von der individuellen Beratung bis hin zur Ausführung von Gartenanlagen. Die Handelskette OBI bietet im Rahmen ihres ORS (Obi Renovierungs-Service) den gartenbezogenen Beratungsbesuch für 15,- EUR an. Entschließt sich der Kunde die empfohlene Planung durch einen von OBI beauftragten Gärtner ausführen zu lassen, wird das

Beratungshonorar mit den Baukosten verrechnet. Vertragspartner für den Kunden bleibt der Baumarkt. Die Vermittlung eines Gartenarchitekten wäre hierzu eine erfreuliche Alternative.
Des weiteren bietet der Gartencenter Sängerhof in Meckenheim im Rahmen seiner Veranstaltungen Vorträge, gehalten von Gartenarchitekten an, aus denen sich Kontakte zu potentiellen Bauherren entwickeln können. Diese Zusammenarbeit zwischen Gartencenter und Landschaftsarchitekten erscheint durchaus sinnvoll.

Der Gartencenter–Riese Pflanzen Kölle, berät in seinen Filialen beim Pflanzenkauf, Kunden- besuche und Gartenplanung vor Ort entfallen jedoch wie auch alle Ausführungs- arbeiten. Darüber hinaus dienen in den Ballungsräumen verschieden gestaltete Modellgärten ebenfalls der Kundeninspiration und -information. Auf Nachfrage werden Pflanzpläne mit botanischen und deutschen Namen für die einzelnen Modellgärten bereitgehalten.

Luxusprodukt Gartenkunst
Diese Form der Produktinformation ist sicherlich

für den Kunden nützlich und sei sie auch eine Hilfestellung bei der Gartenplanung; jedoch ersetzt sie bei weitem noch nicht die beratende Leistung, die eine gelungene Gartenplanung ausmacht.
Eine gepflegte Gartenkultur setzt in einem Land zum einen ein gehöriges Maß an Allgemeinbildung, zum anderen die notwendige Wertschätzung der kreativen Berufe voraus. Gartenkunst ist hierzulande immer noch ein Luxusprodukt und warum sollte es Gartenkünstlern anders gehen als Musikern, Malern oder Bildhauern?

Autor: Georg v. Gayl


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Beitrag für Garten+Landschaft, Heft 05/2002
„Die Pflanzenwelten unter den Folienkuppeln des Eden-Projekts in Cornwall ziehen Besuchermassen an. Die besonderen Anforderungen der Gewächse an das Klima erfordern ein hohes Maß an Pflege.
Text: Martin Diekmann und Georg von Gayl